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AutorenbildDaniel Jauslin (dja)

«La Dolce Vita» auf der Lady Diletta

Flusskreuzfahrten erfreuen sich steigender Beliebtheit. Entsprechend rüsten Reedereien wie Plantours mit zeitgemässen Schiffen auf. Die MS Lady Diletta ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie es sich angemessen und komfortabel auf Flüssen schippern lässt. Unsere Erfahrungen mit «Dolce Far Niente» auf Rhein und Mosel»:

Schiff

Ausgangspunkt unserer siebentägigen Reise ist Düsseldorf. Wir sind zu früh am Steiger und können weit vor dem Einschiffungstermin bereits das mit der Kabinennummer beschriftete Gepäck an Bord bringen. Bravo. Unsere Kabine der Kategorie 7 auf dem Rialto Deck ist ideal und auf jeden Fall sehr zu empfehlen. Der Aufpreis für diese Suite lohnt sich zweifellos. Sie liegt zuvorderst vom Kabinendeck unmittelbar vor dem Schiffsausgang, Restaurant und der Schiffsbar. Nebst dem Französischen Balkon geniessen wir zusätzlich einen kleinen Balkon mit zwei Stühlen auf welchen wir viele Stunden während den Tagesfahrten, nur rund einen Meter oberhalb der Wasserlinie, verbringen. Die paar Quadratmeter mehr Raum vermitteln wesentlich mehr Wohlfühlatmosphäre. Der Grundriss der Kabine ist sehr gut durchdacht. Viele Schränke und Schubladen stellen sicher, dass Kleider, Schuhe und alle anderen Utensilien leicht zugänglich untergebracht sind. Ein grosser, perfekt platzierter Spiegel lässt den Raum weitläufiger erscheinen. Die Kajüte ist modern, mit hellen Farben und zeigemässen Materialien ausgestattet. Bei einer Suite wäre allerdings ein King Size Bett mit 180cm Breite wünschenswert. Die beiden 80er Matratzen setzten bei den mehrheitlich älteren Gästen sicherlich Kuschelhormone frei. Das Badezimmer hat eine grosszügige Dusche mit erstaunlich starkem Wasserdruck. Toilette und Waschbecken sind geschickt angeordnet. Ein Haartrockner ist ebenso an Bord wie ein Makeup-Spiegel – welcher mit Beleuchtung seinen Zweck noch besser erfüllen könnte. Die Kabinen der Kategorie 5 hinterlassen einen ebenso guten Eindruck, jedoch mit ein paar Quadratmetern weniger Platz und keinem begehbaren Balkon. Die Kabinen sind hervorragend und verdienen unsere Anerkennung und vor allem unsere Empfehlung.

Als Hommage an die jüngste Tochter des Eigners Inti Ligabue wurde das neueste 4-Sterne-Plus Schiff der Flotte 2020 «Diletta» getauft. Das 135 Meter lange und 11.45 Meter breite Flussschiff hat lediglich 160cm Tiefgang. Wow. 134 der 173 Plätze sind auf unserer Reise besetzt. 39 Besatzungsmitglieder sind ebenfalls an Bord. Zwei Motoren à 1050 Pferdestärken treiben das Flaggschiff an. Für Manöver stehen dem Kapitän zusätzlich 550 PS als Bugstrahlruder zur Verfügung, welche er für die An- und Ablegemanöver der 18 Schleusenpassagen unabdingbar braucht.

Auf dem grossen Sonnendeck sind ausreichend Liegestühle mit den üblichen, aber auch höheren Liegen für die meist älteren Gäste ordentlich aufgestellt. Tische und Stühle laden ebenfalls zum Verweilen ein. Drei grosse Sonnensegel werden tagsüber in der Mitte des Schiffs gehievt. Orte zum Lesen, Dösen, Spielen und Sonnen sind somit sichergestellt. Auf dem Bug der Lady Diletta befinden sich ebenfalls ausreichend Stühle und Tische. Während der Fahrt sind Kartenspiele zum Beispiel wegen dem Fahrtwind allerdings nicht möglich. Als Nichtraucher würden wir uns wünschen, wenn Raucherzonen separat abgetrennt würden. Treppen führen nach unten in die Tintoretto Lounge und die Panorama-Bar. Hier im Vordeck haben wir einen fantastischen Rundblick und sogar eine kleine Glaskuppel, welche angenehmes Tageslicht in die Lounge fluten lässt. Direkt vor der Lounge befinden sich ein paar gedeckte Tische, welche man bei schlechterem Wetter nutzen könnte, worauf wir zum Glück nicht zurückgreifen müssen. Unter dem Tintoretto liegt das Restaurant Tiepolo mit 29 6er Tischen. Just beim Eingang ins Schiff befindet sich eine elegante, zweckdienliche Rezeption. Der Fitnessraum im untersten Deck ist klein, ohne Fenster und wurde während unseres Trips meines Wissens nie benutzt. Im Heck des Schiffs liegt eine wirkliche hübsche Pizzeria namens Canaletto. Dort können gegen Aufpreis Pizzen bestellt werden. Laut Chef Luciano wurden nur gerade vier Tische während der siebentägigen Reise reserviert. Das ist sehr schade, denn das Ambiente dort achtern ist stilvoll, ruhig und einzigartig. Da müsste sich die Reederei ein neues Konzept einfallen lassen, damit ihre Passagiere diese Trouvaille künftig auch nutzen werden.

Mit einem Durchschnitt von rund 20km/h fahren wir flussauf und -ab. Das ist beruhigend und lässt uns den Alltag vergessen, Stress abbauen und den Slow Travel – die Kunst langsam zu reisen – geniessen.


Reise

Unsere Reise beginnt in Düsseldorf. Wir schippern den Rhein hinauf über Leverkusen, Köln, Bonn, Koblenz bis nach Boppard wo wir frühmorgens andocken. Der kleine Winzerort liegt am Hamm, der grössten Schleife des Rheins. Eine Sesselbahn unweit der Anlegestelle befördert uns gemächlich während rund 20 Minuten um 232 Höhenmeter hinauf und beschert uns einen malerischen Blick über das Rheintal und die Umgebung. Der Spaziergang entlang der Rheinpromenade bis zur alten Stadtmauer und hinauf ins Stadtzentrum lohnt sich auf jeden Fall.

90 Minuten später legen wir in Koblenz an, der fussgängerfreundlichsten Stadt Deutschlands – die 13km Fussgängerzone ergeben einen Anteil von 5,52% von Koblenz. Die Weinstadt, wo Vater Rhein auf Mutter Mosel trifft, beherbergt unzählige Weinstuben, Gelaterias, Boutiquen und eine kleine Schokoladenmanufaktur namens «Cahua», welche unter dem Motto «bean to bar» nachhaltig angebaute Kakaobohnen aus Costa Rica verarbeitet. Das Endprodukt wird als Tafel zu 60g, Getränk oder Aufstrich angeboten und schmeckt köstlich. Eine Fahrt mit der Seilbahn (betrieben mit 100% Ökostrom) zur Festung Ehrenbreitstein ist ein Muss. Die Panoramakabinen geben uns den Blick auf das UNSECO Welterbe «Oberes Mittelrheintal» frei. Herrlich. Der Spaziergang durch den Festungspark und die Bastion gibt einen breiten Einblick in die Geschichte des Ortes durch die vergangenen Jahrhunderte. Die von den Preussen erbaute Anlage gehörte einst zu den grössten Europas. Meterdicke Mauern, Gräben, Tunnel und Brücken bestimmen das Bild dieses gewaltigen Komplexes. Viel zu früh müssen wir wieder zurück, um die Basilika Sankt Kastor, den Schängelbrunnen und die Altstadt kennen zu lernen.

Nach sechs Stunden in Koblenz legen wir Richtung Traben-Trarbach ab, wo wir am kommenden Morgen anlegen. Unverständlich, warum wir ausgerechnet in diesem Dorf zehn Stunden verweilen. Hier gibt es nichts zu tun oder zu erkunden. Am besten bleibt man auf dem Schiff, ruht sich aus oder ärgert sich darüber, dass man den Ausflug Nr. 5, die Moselpanoramafahrt mit dem Bus nicht gebucht hat.

Nachts brechen wir nach Augusta Treverorum (Trier), der ältesten Stadt Deutschlands auf. Wir verstehen überhaupt nicht mehr, warum wir nach dem Frühstück nur gerade vier Stunden in dieser wunderbaren Kaiserstadt verbringen können. Überall treffen wir auf antike Hinterlassenschaften des Römischen Kaisers Konstantin: Amphitheater, Porta Nigra (monumental), die Römerbrücke (nur noch der Sockel ist aus Römerzeiten), Petrisberg, Barbarathermen, Kaiserthermen (gewaltig). Auch der Palastgarten, Hauptmarkt und die ganze Altstadt sind bemerkenswert. Der Dom St. Peter demonstriert seine markante Präsenz. Schade, haben wir nur so wenig Zeit. Hier hätten wir gerne die überzähligen Stunden der vorigen Destination verbracht.

Am Wendepunkt angekommen fahren wir zurück nach Bernkastel-Kues. Aufgrund von Problemen an der Schleuse Wintrich bei Kilometer 141 warten vor uns bereits vier Schiffe, welche die 750cm Fallhöhe nach Fertigstellung der Reparatur vor der Lady Diletta passieren dürfen. Dieses Ereignis stellt unseren Abendaufenthalt in Bernkastel in Frage.

Schlussendlich gelingt es Kapitän Raul doch noch, einen kurzen Halt sicherzustellen. Danke. Hoch über uns thront die Ruine der Burg Landshut. Wir schlendern durch schmale Gassen zur Römerstrasse und bewundern prächtige, alte Fachwerkbauten, kitschige Bars, Gaststätten und Weinstuben. Ein wirklich schönes Rathaus im Renaissancestil überblickt den achteckigen Brunnen des Stadtheiligen und Drachentöters St. Michael, welcher dem Jahr 1606 zugeschrieben wird – als Drachen noch nicht als schutzbedürftige Wesen eingestuft wurden. Das älteste Gebäude, welches wir in den Abendstunden gefunden haben, stammt aus dem Jahr 1416, ein kopflastiges Spitzhäuschen. Cool.

Während der Nacht schippern wir nach Cochem, wo wir frühmorgens anlegen. Ein Gang über die Brücke und schon befinden wir uns im Zentrum dieser malerischen Stadt im Moseltal. Im Mittelpunkt steht der Marktplatz, an welchem das barocke Rathaus mit obligatorischem Ratskeller steht. Auch hier fallen und viele Fachwerkhäuser auf und Touristen geben sich Klinken in die Hand. Eine alte Senfmühle (wir kaufen Senf nach einem 200 Jahre altem Rezept) befindet sich auf dem kurzen Fussweg zur Sesselbahn, welche gemütlich mit 80 Zentimeter pro Sekunde zum Pinnerkreuz hinauffährt. Von dort geniessen wir einen herrlichen Ausblick auf den Rhein und die monumentale Reichsburg, welche im 19. Jahrhundert nach deren Zerstörung sorgfältig wieder aufgebaut wurde. Um diese rasch zu erreichen, fährt uns ein Taxi (< 10 Euro) direkt vor die Burg. Leider ist die angebotene Burg-Führung bereits im Gange und für die nächste reicht die Zeit nicht mehr. Schade. Der Spaziergang hinunter ins Zentrum – wie jeden Tag bei herrlichstem Wetter – führt uns, wie könnte es auch anders sein, an einem Winzer vorbei, bei welchem wir köstlichen, weissen Traubensaft kaufen.

Aus einem nicht kommunizierten Grund fällt der Aufenthalt im romantischen Kobern-Gondorf gänzlich aus. Wir sind sehr überrascht. Stattdessen legen wir in Treis-Karden an, wo wir sieben Stunden Aufenthalt haben und es erneut nichts zu sehen oder zu erkunden gibt. Ärgerlich. Während der Nacht fahren wir via Koblenz nach Rüdesheim. Zu Fuss sind wir schnell im Zentrum und gehen die berühmte Drosselgasse mit ihren Geschäften, Kneipen und Restaurants hinauf. Eine Trouvaille ist die Fashion & Living Boutique «Darwin’s Daughter». Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und beschert der mehrheitlich weiblichen Kundschaft mit Sicherheit Glückshormone.

Damit wir die unzähligen Schlösser und Burgen dem Rhein entlang betrachten können, fahren wir tagsüber sechs Stunden rheinabwärts. Welch ein Erlebnis. An dieser Stelle erwähnenswert ist natürlich der Schieferfelsen der weltbekannte Sirene Loreley bei Kilometer 554. Sie inspirierte Heinrich Heine 1829 zum Gedicht mit folgendem Anfang: «Ich weiss nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin; ein Märchen aus uralten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn…». Aber unseren Kapitän konnte Loreley glücklicherweise nicht vom Kurs abbringen.

Wir sind pünktlich um 19:00 Uhr bei unserem letzten Stopp Königswinter angelangt. Das wohl wichtigste Mahnmal heisst Schloss Drachenfels, welches leider um diese Zeit nicht mehr besichtigt werden kann. Wir entschliessen uns für einen kurzen Spaziergang durch die Stadt und finden nach kurzer Zeit den Weg der Rheinpromenade entlang zurück zum Schiff. Um diese Uhrzeit ist eine Besichtigung der Stadt aus unserer Sicht nicht zwingend. Um Mitternacht legt die Lady Diletta Richtung Düsseldorf ab, wo wir am kommenden Morgen nach dem Frühstück satt von Erlebnissen von Bord gehen.


Essen und Getränke

Frühstück: Ein angemessenes Frühstücksbuffet mit dem Notwendigsten. Zusätzlich ein Birchermüesli, welches für uns Schweizer etwas cremiger ausfallen dürfte. Der Käse in Scheibletten und die Wurstwaren bieten keine Abwechslung. Wahlweise finden wir Rauchlachs, Rollmöpse und diverse warme Speisen auf dem Buffet: Pancakes, Kroketten, Würstchen und Bohnen. Leckeres Rührei mit Speck von der Theke und Spiegeleier oder Omeletten werden auf Bestellung frisch zubereitet. Viele filetierte Früchte werten das Buffet auf. Filterkaffe in der Kanne steht morgendlich auf dem Tisch, entkoffeinierten Kaffee gibt es leider nur gefriergetrocknet. Anlässlich des Durchschnittalters der Reisenden wäre zum Beispiel eine Nespresso-Maschine sicher sehr gefragt. Leider besteht die heisse Schokolade unseren Gaumentest nicht, da sie gänzlich ohne Milch angerührt wird. Diverse Aufbackbrötchen, Toast, Brot und Croissants werden täglich angeboten.

Mittagessen

Wir werden von einem 4-Gang Menü überrascht. Die Vorspeise steht wie immer bereits auf dem mit Stofftischtüchern und -servietten gedeckten Tisch. Die Speisen, die beim Mittagessen zur Auswahl stehen, sind eher deftig. Uns hätte zum Beispiel ein Salat- und/oder Suppenbuffet mehr zugesagt. Die Küche unter Chef Luciano Aposto ist nachhaltig. Wiederverwendbares vom Vortag landet in neuer Form wieder auf den Tisch.


Abendessen

Am Abend werden meist 5 Gänge angeboten. Immer besteht eine Auswahl von zwei unterschiedlichen Suppen. Als Hauptgang können Gäste zwischen Fleisch-, Fisch- oder vegetarischen Gerichten wählen. Käse oder Süssspeisen zum Abschluss stellen sicher, dass alle auf Ihre Rechnung kommen. Die Käseauswahl ist bescheiden. Wir erleben, dass auch edle Fleischstücke immer durchgegart – leider nicht rosa gebraten – serviert werden. Schade. Schnittlauch ziert weit über die Hälfte der gereichten Gerichte. Die andere Hälfte wird von feingehackten Paprikawürfeln dekoriert.


Getränke

Es gibt vier Möglichkeiten im Umgang mit den Getränken an Bord. Zur Auswahl stehen drei Pakete: Silber, Gold und Platin. Je nach Bedürfnis des Passagiers beinhalten sie Soft Drinks, Weine und Spirituosen. Die Handhabung zeigt sich kompliziert: Als Fruchtsäfte gelten ausschliesslich Orangen- und Apfelsaft, andere Säfte muss man bezahlen. Ebenso wird nur in 2dl Gläsern serviert, was ständigen Nachschub zur Folge hat. Zweimal mussten wir auf Deck über 30 Minuten lang auf Getränke warten. Ein Fauxpas. Täglich hat der Barchef einen Cocktail gemischt, welcher im Getränkepaket Gold inklusive ist. Je eine Variante mit und ohne Alkohol. Köstlich. Wer dem Alkohol trotzen möchte, kann auch individuell jedes Getränk anschreiben lassen.

Fazit

Eine Flussreise ist ein Erlebnis, welches wir wärmstens empfehlen. Das Schiff und die Crew erhalten die volle Punktzahl. Die angesteuerten Destinationen sind mehrheitlich ausgesprochen sehenswert. Zwei Andockstellen sind zu überdenken, weil sie einfach nicht zu dieser bedeutsamen Reise passen. Das Essen war in Ordnung. Unter Berücksichtigung heutiger Gaumenansprüche auf Reisen, besteht Bedarf nach mehr Flair – so hätten wir zum Beispiel während der Spargelhochsaison im Anbaugebiet des Rheins gerne diese lokale Köstlichkeit genossen. Stets wird auf Pünktlichkeit Wert gelegt, was die Crew schlussendlich auch umzusetzen weiss. Beruhigend gleitet das moderne Schiff von Destination zu Destination. Moselglück und Rheinzauber sind ein einzigartiges Erlebnis und bleiben für immer auf unserer organischen Festplatte gespeichert.





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