Um vier Uhr morgens reisst mich der Wecker aus meinen Träumen von faszinierenden Bodenseelandschaften und weiten Blicken übers Wasser des bei Wassersportlern beliebten Grenzsees. 30 Minuten später werden wir von Urs und Ruth am Hotel abgeholt. Gemeinsam fahren wir durch sanfte Hügel zum Flughafen Sitterdorf – hinein in den Sonnenaufgang. In der Stille des Morgens helfen wir, den 4500 m3Ballon mit Luft zu füllen und starten Punkt 05:40 Uhr. Urs bläst das Propan mittels Brenner in den Ballon und wir steigen geräuschlos bis auf 2159 Meter über Meer. Wow. Ich merke kaum, dass der Ballon mit rund drei Meter pro Sekunde steigt. Die Sonne zeigt sich im Osten und lenkt geschickt ihre wärmenden Strahlen durch die Wolken. So entstehen fantastische Szenen in der Landschaft.
Wir sehen die umliegenden Berge, unzählige Obstplantagen und die Thur – der prägende Fluss der Ostschweiz, welcher in einem grossen Bogen die reichen Kultur- und Naturlandschaften umschliesst. Herrlich. Geräusche haben wir nur, wenn Ballonfahrer Urs wieder Heissluft in den Ballon blasen muss. Ansonsten sind wir eins mit der Natur und lediglich unsere Gespräche und das Klicken der Auslöser unserer Kameras dringen an unsere Ohren. Mit bis zu 12 km/h bewegen wir uns im Zick Zack über Grund. Wir sinken auf lediglich ein paar Meter über den Boden. Pilot Urs beweist, dass er sein Handwerk versteht und beschert frühmorgens Bewohnern eines Altersheims einen unvergesslichen Blick auf den 25 Meter hohen Ballon, mit welchem wir nur wenige Meter geräuschlos anmutend über den Gebäudekomplex schweben. Emphatisch. Wir realisieren während dieser Tieffahrt – im Ballon fliegen wir nicht, wir fahren – dass die Reaktionszeit des Ballons, um Höhe zu gewinnen, rund eine Minute dauert.
Das heisst für mich, der Pilot muss sein Handwerk verstehen. Also demonstriert uns Urs, mit einem leichten «touché» eines Baumwipfels, dass er der Herr des Ballons ist. Bravo. Jetzt suchen wir nach einem geeigneten Landeplatz. Dieser muss gross genug sein, damit die Hülle liegend Platz hat und wenn möglich trocken bleibt, was frühmorgens eher schwierig wird. Urs gibt Ruth, die das Begleitfahrzeug fährt, Bescheid, wo er landen wird. Komplett ruckfrei kommen wir auf einer kleinen Wiese zum Stehen. Perfekt. Der Ballon bleibt aufrecht und wir steigen auf Kommando aus. Bereits nach rund 30 Minuten sind Korb, Ballon und Passagiere verstaut. Bei einem Apéro, bestehend aus alkoholfreiem Sekt (bravo) und «Gipfeli» (Butter-Hörnchen), lassen wir die Fahrt Revue passieren. Das Erlebnis ist phänomenal. Wer auf eine Ballonfahrt verzichtet, ist selber schuld. Liebe Abenteurer, bei Urs und Ruth seid ihr in sicheren Händen.
Am südlichen Ufer des Bodensees breitet sich der Thurgau aus. Ein Terrain wie fürs Velofahren modelliert. Familien lieben die Campingplätze direkt am Wasser. Naturliebhaber gehen abseits ausgetretener Pfade auf Entdeckungstour. Mit dem ausgefallenen Hotel Bad Horn beweist der Thurgau, wie modern und innovativ eine so ländlich geprägte Region sein kann. Für einen Ausflug zu Schiff stechen wir von Rorschach aus in See. Vom Wasser aus lassen sich Land und Umgebung perfekt beobachten. Das Kursschiff steuert aus der Rorschacher Bucht zu der Mündung des Alten Rheins. Wir bewundern die natürlich romantische Flusslandschaft im wunderschönen Naturschutzgebiet von Altenrhein bis zum malerischen Städtchen Rheineck. Unsere Seele baumelt, während die Landschaft gemächlich an uns vorbeizieht. Wir entdecken Fischreiher, junge Entenfamilien, verliebte Schwäne sowie eine Vielzahl weiterer verschiedener Vogelarten. Auf dem Rückweg spielen wir auf dem Sonnendeck Karten und geniessen jede Minute der zweistündigen Schifffahrt.
In Kesswil lernen wir Maria und Martin Marty kennen, welche seit 6 Jahren im Seegasthof Schiff direkt am Hafen die Zügel in der Hand haben. Das Riegelbauhaus aus dem 18. Jahrhundert gefällt uns sehr. Von der Terrasse und der kleinen Lounge aus können wir die Skyline Friedrichshafens am anderen Seeufer erkennen. Martin tüftelt schon seit Jahrzehnten in der Küche und weiss, welchen Anspruch Gäste und «Aficionados» der modernen Küche haben. Martin ist Mitglied der Tafelgesellschaft zum goldenen Fisch – Fischküchen mit Auszeichnung. Dementsprechend sind wir gespannt. Frischer Bodensee Felchenfilet mit einem Salatbouquet oder ein Ceviche mit grob gehacktem Zander, Spargel, Stangensellerie, Ingwer, roter Zwiebel, Koriander und Limette vergehen als Vorspeise auf der Zunge. Bravo.
Dem folgen ein klassisches Wienerschnitzel mit sagenhaft guten Pommes. Das Schnitzel wird mit Pancomehl paniert, was dem heimischen Kalbfleisch dazu verhilft, saftig zu bleiben und aussen knusprig aufzutreten. Perfekt. Das Kalbsmedaillon mit Pfifferlingen, Gemüse und selbstgemachten Nudeln hinterlässt gespaltene Gefühle: Es fehlen Gewürze wie Pfeffer, die Pasta war leider nicht «al dente» und es wurde Broccoli serviert, obwohl ich aufgrund einer Unverträglichkeit um Beilagen ohne Kohl gebeten habe. Naja. Zum Dessert wähle ich Glacé aus dem Hause Giolito (Freude & Genuss) aus Como – ein Produkt, welches wir gerne jederzeit wieder geniessen möchten. «All natural», also natürliche Zutaten aus regionaler Produktion und wenig Zucker küren dieses Speiseeis zu den allerbesten, welche ich je kosten durfte. Sensationell. Ein Besuch bei Maria und Martin lohnt sich auf jeden Fall.
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